Der Kurt, der Bote und der Gottesglaube

12. August 2019

In einer Sammelstelle treffe ich Kurt wieder, nach Monaten. Schon unterschrieben, frage ich. Was ist das, fragt er und guckt. „Ach, hör mir auf mit Radfahrern!“ Ich dachte schon, jetzt kommt der übliche Belehrungshinweis: Die sollen erst mal sich an die Regeln halten, nicht in Fußgängerzonen herumfahren, alles Rüpel etc.“ Kurt sagt: „Gerade eben Berliner Ring, Eilendorf, der ist nur für Autos. Mitten drauf: ein Radfahrer. Manche sind wirklich wahnsinnig. Ich mit Warnblinklicht hinter ihm her bis die angerufene Polizei kam.“ Ja, sage ich, Mist so was… Er: „Komm, gib her, ich unterschreib dir das.“ Wahrscheinlich die spontan-überwindungsreichste Unterschrift.

Oder mein Briefträger: „Nein, im Dienst darf ich das nicht.“ Gebe ihm die Unterlagen mit. Wochen später fragt er: Was macht Ihr Radentscheid? Ich sage: Sie haben noch nicht unterschrieben. „Stimmt.“ Er nimmt den Bogen, geht kurz in den Hauseingang. „Bitte sehr, viel Erfolg.“

Oder die zwei Damen vor meiner Haustür: „Glauben Sie auch, dass Gott an allem Schuld ist…?“ Ach du lieber Gott, Zeuginnen Jehovas! Heute lasse ich mich erstmalig im Leben auf ein Gespräch ein. Und schlage einen Deal vor: Sie dürfen mir aus Jehovas Wort kurz etwas vorlesen. Und nehmen dafür einen Unterschriftsbogen mit. Normalerweise, sagt eine, kümmerten sie sich nicht um profane weltliche Dinge. „Wir gehen auch nicht zur Wahl. Aber wir sehen uns das gern mal an.“ Ob sie dann unterschrieben haben, weiß nur Gott allein.

(bem)