Mit dem Lastenrad von Aachen aus mal eben zu Ikea nach Heerlen? Dank immer komfortablerer Modelle und elektrischer Antriebs-Unterstützung ist das schon lange keine abwegige Idee mehr, ja ein solcher Einkaufs-Ausflug kann sogar Spaß machen. Was nicht alles geht – auch ohne Auto!

Ganz klar: Lastenräder sind im Trend und immer häufiger im Straßenverkehr zu sehen. In der aktuellen Corona-Krise kommt den Fahrzeugen mit der oft üppigen Ladefläche eine noch wachsende Bedeutung zu, Stichwort: Nachbarschaftshilfe. Wenn nicht zuletzt ältere Menschen aufgrund der Pandemie zu Hause bleiben müssen, kann deren Versorgung gut mit Lastenrädern bewerkstelligt werden.

Sicherlich, nicht jeder kann sich ein Lastenfahrrad leisten, auch wenn es für den Kauf solcher Fahrzeuge zuletzt sogar (mittlerweile ausgeschöpfte) Förderprogramme der Stadt Aachen und des Landes NRW gab. Als Alternative kommt aber auch die Ausleihe in Frage – zum Beispiel von dem freien Lastenrad „K.A.R.L“. Dabei handelt es sich um eine Initiative der Kultur- und Jugendeinrichtung Bleiberger Fabrik, die von Aachener Vereinen sowie der Stadt Aachen und privaten Spendern unterstützt wurde. Das stabile Elektrorad steht allen Aachenerinnen und Aachenern zur Verfügung, man erhält es auf Wunsch mit Kindersitz und Regenschutz, mit einer verschlossenen Alukiste oder mit einer Wanne. Wer „K.A.R.L“ ausleihen will, füllt im Internet ein Formular aus und legt einen Ausweis vor. Infos: Tel. 0241/82064, www.bleiberger.de/karl/

Ebenfalls für jeden ausleihbar sind das Lastenrad mit dem schönen Namen „beladeSCHÄNG“, das als Sozialprojekt im Bereich Aachen-Nord angeschafft wurde, und das Lastenrad „Finchen“ in Eilendorf, das auf Betreiben der Bürgergruppe „Fahrradfreundliches Eilendorf“ zur Verfügung steht.

Um den „beladeSCHÄNG“ zu nutzen, ist eine einmalige Anmeldung notwendig über
info@beladeschaeng.de. Nach einer Einweisung erhalten Interessierte einen Zugang zum Buchungsbereich und können darüber das Fahrzeug ausleihen. Die Buchung erfolgt ausschließlich über das Buchungsportal https://lastenraeder-aachen.teilt.app.

Und wie leiht man Finchen aus? Bevor es losgehen kann, muss man sich während der Öffnungszeiten im Bezirksamt Eilendorf registrieren. Dafür einfach telefonisch unter 0241/ 4328210, oder per Mail Bezirksamt.Eilendorf@mail.aachen.de einen Termin vereinbaren. Vor Ort müssen noch die Nutzungsbedingungen unterschrieben und an einer kurzen Einweisung teilgenommen werden. Dann nur noch im Buchungsportal den gewünschten Ausleihzeitraum reservieren und den Öffnungscode für den Schlüsseltresor per E-Mail erhalten. Schließlich das Lastenrad selbstständig mit dem Tresor-Schlüssel aus der Fahrradgarage am Bezirksamt holen – und es kann losgehen.

Man sieht, es tut sich eine ganze Menge auf dem Weg, Lastenräder zu einem immer selbstverständlicheren Teil im Aachener Stadtbild werden zu lassen. Und die Fans dieser vielseitigen Fahrzeuge lassen nichts unversucht, kreativ vorzuführen, was man mit einem Lastenfahrrad alles schaffen kann. So gibt es schon seit Jahren sogenannte Schokofahrten – auch in unserer Region. Die Schokofahrt ist eine dezentral organisierte, private Fahrradtour für den emissionsfreien Transport von Schokolade. Die Teilnehmenden möchten für nachhaltige Mobilität, CO2-neutralen Transport und bewussten Genuss werben. Sie verfolgen dabei keinerlei kommerzielle Ziele. Der Kakao für die transportierte Schokolade ist unter biologischen, nachhaltigen und fairen Bedingungen angebaut, geerntet und gehandelt worden. Außerdem hat er den Weg aus der Karibik nach Europa emissionsfrei per Segelschiff ausschließlich mit Windkraft zurückgelegt. Da liegt es nahe, das letzte Stück des Weges mit Muskelkraft und in Pedalen zurückzulegen. Nach dem Segeltörn wird der Kakao in einer kleinen Manufaktur in Amsterdam zu feinster Schokolade verarbeitet. Von dort bringen die Lastenrad-Enthusiasten die Ware dann in verschiedene Städte, unter anderem nach Aachen, wo sie in einzelnen Geschäften verkauft wird.

Auch in diesen Tagen sollte ein Schoko-Transport von Amsterdam nach Aachen stattfinden – coronabedingt fiel das Vorhaben erst einmal ins Wasser, soll aber nachgeholt werden. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Was ein Lastenrad alles stemmen kann? Ein flaches Paket und noch ein flaches, dann ein großer und schwerer Karton, ein mittelgroßer dazu, obendrauf noch zwei kleine Kistchen, und an der Seite noch eine kompakte Kleinigkeit…

Gut zusammengebunden ist diese stattliche Ladung auf einem Lastenrad immer noch problemlos transportfähig. Übertrieben? Nein! Dass das alles auf einem solchen „Drahtesel“ untergebracht werden kann, beweist ein Foto auf der Facebook-Seite des Aachener Unternehmens CLAC (Citylogistik Aachen), einem Dienstleister im Sektor der lokalen Logistik. Hier werden auch große Transportaufgaben (meist) ohne Auto kuriert. Infos: www.clac.de

Die Firma mit Sitz in der Bendstraße hat Konjunktur, weil  sich in Zeiten chronisch verstopfter  Innenstadtstraßen offenbar herumgesprochen hat, dass lokale Versandaufträge via Lastenrad nicht nur ökologisch und stadtklimatisch positive Effekte haben, sondern auch ganz schön flott abgewickelt werden können. Eine Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt ergab schon vor mehreren Jahren, dass aktuell ein knappes Viertel des täglichen städtischen LKW-Verkehrs problemlos durch Lastenräder ersetzt werden könnte. Tendenz für die nahezu lautlose und emissionsfreie Dienstleistung: Steigend! 

Befördert werden über CLAC Sachen bis 90 Kilogramm Gewicht oder 200 Liter Volumen. Von der Buchhandlung und den Essens-Lieferdienst über das Bekleidungsgeschäft und das medizinische Institut bis zum Supermarkt, Druckereien und Verlagen wird dieser Service von einer Vielzahl ganz unterschiedlicher Kundinnen und Kunden genutzt. Nur für wenige Zwecke stehen die Fahrradkuriere nicht zur Verfügung – etwa Personen- und Tiertransporte oder Fahrten mit Gefahrgütern.

Titelfoto: Katharina Nippgen

(raa)